Effiziente CO2-Abscheidung mit Gas-Flüssig-Kontaktreaktoren

Projekt-ID: CO2-ABS

Einleitung

Gas-Flüssigkeits-Kontaktoren (GLCs) sind eine der Kerntechnologien in der chemischen Industrie, die eine entscheidende Rolle für die Konditionierung von Reaktanten, chemische Umwandlungs- und Trennprozesse spielen. Im Rahmen dieses Projekts entwickeln wir einen hochleistungsfähigen Fallfilmreaktor für die CO2-Abscheidung, indem wir die Art und Weise, wie sich das CO2 in der Gasphase mit dem flüssigen Absorptionsmittel an der reaktiven Gas-Flüssigkeits-Grenzfläche vermischt (Mikrovermischungsphänomene), technisch beeinflussen. Die wichtigste Auswirkung der Studie wird die Leistungssteigerung im großen Maßstab sein, die den Weg für den Übergang von CO2-Abscheidungstechnologien in die Praxis ebnen würde.

Abbildung: CO2-Absorber

© Andrea Düll (KIT)

Principal Investigator: Karthik Muthukumar
Projektmanagement: Dr.-Ing. Cihan Ates
Forschung: Andrea Düll, Dr. Thomas Häber
Erscheinungsdatum: April 2022
HPC Plattform: HoreKa
Institut: Institut für Thermische Turbomaschinen,
Institut für Chemische Technologie und Polymerchemie
Universität / Organisation: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Forschungsbereich: Ingenieurwissenschaften, Chemie
Projekt-ID: CO2-ABS

Projektbeschreibung

Der Einsatz von Gas-Flüssig-Kontaktreaktoren ist in der chemischen Industrie eine beliebte Strategie zur Lösung von Grenzflächentransportproblemen, z. B. in passiven Kühlsystemen, Gasreinigungsanlagen und chemischen Absorbern. In vielen reaktiven Systemen, wie z. B. bei der CO2-Absorption, werden Gasmoleküle kontinuierlich von der Gasphase in die Flüssigphase transportiert. Je nach den physikalischen und chemischen Eigenschaften des gasförmigen und flüssigen Mediums, den Betriebsbedingungen und der Reaktorkonfiguration weisen die Gasmoleküle unterschiedliche Transporteigenschaften auf. Im Falle der CO2-Absorption ist die Zeitskala der Reaktion viel schneller als die Zeit, die benötigt wird, um die Gasmoleküle in die absorbierende Flüssigkeit zu transportieren, und alle Reaktionen finden innerhalb des Flüssigkeitsfilms statt. Folglich wird die Reaktorleistung von der effektiven Grenzfläche zwischen der flüssigen (Lösungsmittel-)Phase und der Gasphase bestimmt.
 

Methodik
Es ist möglich, den Absorptionsprozess für die üblichen CO2-Absorptionsmittel um einen Faktor 20 (im Durchschnitt) zu verbessern, wenn die Grenzflächendynamik richtig eingestellt wird [1]. Daher besteht die große Chance, die Reaktorleistung durch die Gestaltung der Gas-Flüssigkeits-Grenzfläche zu verbessern. Die Realisierung dieses Potenzials erfordert jedoch ein gründliches Verständnis der komplexen Grenzflächendynamik, einschließlich der instationären Filmdicken, der Geschwindigkeitsverteilungen und des gleichzeitigen Stoffübertragungsprozesses, der in einer sehr dünnen Flüssigkeitsschicht (<100 μm; zum Vergleich: menschliches Haar ~70 μm, weiße Blutkörperchen ~25 μm) stattfindet. Experimentelle Untersuchungen sind an dieser sehr dünnen Grenzfläche äußerst schwierig, weshalb die Durchführung von "virtuellen Experimenten" mit mathematischen Modellen ein wichtiges Instrument ist, um eine hohe Effizienz zu erreichen.

Die Simulation des Grenzflächen-Stofftransportproblems ist jedoch immer noch eine Herkulesaufgabe. Voraussetzungen für ein Modell sind (i) eine genaue und scharfe Darstellung der Gas-Flüssigkeits-Grenzfläche und (ii) die Fähigkeit, Diskontinuitäten, lokale Durchdringungen und Vermischungen der Phasen zu erfassen. Solche Fähigkeiten erfordern eine hohe Rechenleistung: Bei der für die Erfassung der CO2-Absorption erforderlichen feinen Auflösung müssen für die Simulation eines 1 m hohen Reaktors 1,3 Milliarden Rechenelemente mehr als 10 Milliarden Mal iteriert werden, d. h. die Anzahl der für eine einzige Simulation zu lösenden Gleichungen beträgt etwa 3x1018, was der Gesamtzahl der Zellen im menschlichen Körper einer ganzen Stadt (~100.000 Menschen) entspricht. Diese kolossale Rechenleistung wird durch unseren selbst entwickelten Code turboSPH[2] bewältigt, der die mathematischen Operationen effizient auf bis zu 10.000 Rechenkerne verteilt.


Aktueller Stand und Ausblick
In der ersten Phase des Projekts wurden Simulationen durchgeführt, um interessierende Größen wie Geschwindigkeitskomponenten, Druck, Dichte und Fluidarten zu analysieren. Die gesammelten umfangreichen Daten werden dann nachbearbeitet, um herauszufinden, wie sich die Strömung innerhalb des Reaktors entwickelt. Dazu werden entlang des Reaktors in Abständen von 2 cm "virtuelle Sensoren" angebracht, die sowohl die Schichtdicken als auch die Geschwindigkeitskomponenten aufzeichnen. Wir haben unsere Methodik zunächst für eine Referenzgeometrie validiert, für die zeitlich gemittelte experimentelle Ergebnisse verfügbar sind. Darüber hinaus haben wir einige praktische Probleme bei dieser Grundkonfiguration festgestellt, wie z. B. die teilweise Benetzung der Reaktorwände, wodurch die effektive Grenzfläche verringert wird. Weitere virtuelle Experimente halfen uns, die Geometrie des Flüssigkeitsverteilers zu optimieren, und es gelang uns, das Problem der Flüssigkeitsverteilung zu lösen. Wir haben auch andere betriebliche Effekte wie die Auswirkung der Gasgeschwindigkeit auf den schwerkraftgetriebenen Absorptionsmittelfluss ermittelt. Derzeit bauen wir einen Demoreaktor, um unsere Ergebnisse zu validieren, bevor wir in die zweite Phase des Projekts eintreten.

Wir haben bisher die Auswirkungen der Strömungskonditionierung durch die Gestaltung der Verteilerplatte und die Auswirkungen der Gasphasengeschwindigkeiten auf die sich entwickelnde wellige Grenzfläche untersucht. Unsere Methodik wurde auch durch den Abgleich unserer Modellvorhersagen mit denen der Theorie und den verfügbaren experimentellen Messungen bestätigt. Derzeit testen wir die Auswirkungen verschiedener Oberflächenfunktionalisierungsstrategien wie Beschichtung und Oberflächenstrukturierung, um die wellige Grenzfläche weiter zu verbessern. Parallel dazu erweitern wir unseren Code, um die Physik des reaktiven Massentransports an der Grenzfläche zu erfassen. Wir hoffen, dass all diese Bemühungen es uns ermöglichen werden, bessere Technologien zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen zu entwickeln.


Literaturangaben

[1] P. N. Yoshimura et al. Chemical Engineering Science, 51(8):1231–1240, 1996.


[2] Research code turboSPH: SPH meets turbomahinery, url =  https://www.its.kit.edu/Versuchsstaende_Forschungscodes_turboSPH.php